Mehr Verbrechen bei Vollmond?
Kürzlich vernahm ich aus dem Bekanntenkreis, dass der Vollmond zu einer
temporären Zunahme der nächtlichen Kriminalität beiträgt. Als Beleg
wurde angeführt, dass ein Polizeibeamter aus dem weiteren Freundeskreis
behaupte, dass dann «besonders viel los» sei. Diese anekdotische Evidenz
kann natürlich einen echten Skeptiker nicht beeindrucken, deshalb habe
ich mich an die Arbeit gemacht, diese Hypothese zu
prüfen.{.alignright
.size-thumbnail .wp-image-432 width=”150”
height=”150”}{rel=”attachment wp-att-432”}
Datenquelle
Dafür musste ich zunächst tagesaktuelle Vorkommnisse der Polizei in Erfahrung bringen. Die Landespolizeien geben zwar ausführliche Kriminalstatistiken heraus, diese untersuchen aber den Zeitraum des Kalenderjahrs und beschäftigen sich mit Aspekten wie z.B. dem Migrationshintergrund der Täter – völlig ungeeignet für meine Fragestellung. Fündig wurde ich bei den Polizeimeldungen auf dem Presseportal: Hier werden polizeiliche Vorkommnisse bundesweit aufgeführt. Die Tatbestände reichen vom geklauten Pausenbrot bis zum Raubmord. Ebenso sind Verkehrsunfälle und Brände aufgeführt; das fällt aber ebenfalls in das Beschäftigungsgebiet der Polizei und darf daher mitbetrachtet werden.
Im Untersuchungszeitraum vom 4.8.2011 bis zum 1.9.2011, den ich so gewählt habe, weil der Vollmond einigermaßen in der Mitte des Monats, nämlich am 13.8. liegt, verzeichnet allein 10'000 Polizeimeldungen deutschlandweit. Berücksichtigt sind alle gemeldeten Straftaten und Verkehrsunfälle, also alles was darauf hindeuten könnte, dass ein Einfluss des Mondes auf das Bewusstsein der Menschen stattgefunden haben könnte.
{.aligncenter
.size-medium .wp-image-433 width=”300”
height=”300”}{rel=”attachment wp-att-433”}
Ausgewertet habe ich die Anzahl der Meldungen je Datum, was nicht ganz exakt ist, da die Polizei auch Pressemeldungen zur Verbrechensprävention veröffentlicht, beim Überfliegen der Meldungen bestätigt sich aber, dass auch diese (vergleichsweise seltenen) Meldungen einigermaßen gleich verteilt sind.
Interpretation der Ergebnisse
Wenn ein kausaler Zusammenhang zwischen zwei Messgrößen gegeben ist, müsste sich dieser in der Auswertung zeigen^1^. Der «Vollmond-Effekt» sollte sich nun zu erkennen geben. In der Grafik sind der Median (graue Linie) und die Standardabweichung (grau, gestrichelt) eingezeichnet, um Abweichungen außerhalb der Norm leichter erkennen zu können.
Die Meldungen zeigen über den Monat eine weitgehend zufällige Verteilung, auffällig ist lediglich, dass an Samstagen sehr wenig gemeldet wird, gefolgt von gehäuften Meldungen an Sonntagen und Montagen. Es scheint also, dass die Pressestellen der Polizei am Wochenende weniger besetzt sind und am Wochenbeginn die Meldungen vom Wochenende nachholen. (Was noch zu bestätigen ist!)
Der Vollmond war in diesem Monat am Samstag, 13.8. um 21.47. Es hätte also, wenn die Hypothese «Vollmond hat Auswirkungen auf Mehreinsatz der Polizei» stimmen sollte, Am 14. und 15., also am Sonn- und Montag nach dem Vollmond signifikant mehr Meldungen geben müssen, als an den Tagen nach anderen Wochenenden. Das ist aber zumindest für den Monat August diesen Jahres nicht der Fall; im Gegenteil scheint die Meldungsrate wie auf dem Median festgenagelt zu sein. Zumindest diese kleine Ad-hoc-Prüfung kann folglich die Annahme nicht bestätigen.
Vom naturwissenschaftlichen Standpunkt ist das auch plausibel, da die Gravitationswirkung als einzig bekannte Kraft des Mondes ständig vorhanden ist und sich während der Mondphasen nicht ändert.
^1^ Der Umkehrschluss gilt übrigens nicht: Aus der Statistik lässt sich kein ursächlicher Zusammenhang ableiten!